Bericht: Kundgebung vor der ungarischen Botschaft in Berlin

Am 2.6.23 solidarisierten sich etwa 70 Leute in Berlin mit den Antifaschist:innen, die gegen die NS-Verherrlichung und die europaweite Vernetzung von Neonazis am „Tag der Ehre“ in Budapest aktiv waren.


Im Februar 2023 hatte es dort Verhaftungen und Fahndungsaufrufen gegen Antifaschist:innen gegeben, denen Angriffe auf Nazis vorgeworfen werden. Zwei davon, aus Deutschland und aus Italien sitzen aktuell immer noch dort im Knast. Nach anderen wird international gefahndet.

Die ungarischen und deutschen Behörden haben unterdessen gemeinsam die Ermittlungen aufgenommen. BKA und LKAs haben schon eigeninitiativ internationale Amtshilfe geleistet, indem sie Wohnungen in Berlin und Jena durchsuchten. Die staatlichen Behörden nutzen jede Chance um linke Strukturen weiter aufzudecken, auch wenn die Beweislage bisher unklar ist. In dieses Bild passen auch die Fahndungen
gegen weitere Antifaschist:innen.

Die Untersuchungshaft war im März und im Juni verlängert worden. Teilweise ist die Lage aber auch juristisch unklar und umstritten. Neutralität des Justizsystems ist unter der Orban-Regierung auch nur schwer zu erwarten… Selbst die EU hat kürzlich versucht, Ungarn aufgrund dessen politischer Einflussnahme auf das nationale Justizsystem zu maßregeln. Ingesamt ist die politische Lage in Ungarn für progressive Menschen und Minderheiten mehr als schwierig.

Der Vorwurf gegen die Inhaftierten und weitere Personen lautet „Verbrechen gegen Mitglieder der Gemeinschaft“ und wurde um den Vorwurf „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“ erweitert. Unsere zwei Genoss:innen sind mit harten Haftbedingungen konfrontiert. Die Zellen in Ungarn sind bekanntlich überfüllt, schmutzig und ohne natürliches Licht.

Auf der Kundgebung gegenüber der Ungarischen Botschaft, die sehr repräsentativ Unter den Linden schräg gegenüber dem Adlon liegt, wurde deutlich gemacht, was für ein massiver Rechtsruck sich in Ungarn seit Jahren zeigt: Rückbau demokratischer Elemente in der Verfassung, Mordanschläge auf Roma, Angriffe auf Minderheitenrechte, auf die freie Presse, auf LGBTIQ-Räume, Durchführung rechter Veranstaltungen wie der CPAC-Konferenz im Mai und internationaler rechter Kampfsport-Events etc.

In Redebeiträgen wurde der faschistische Hintergrund des „Tag der Ehre“ -Nazitreffens deutlich gemacht und auch andere europaweite NS-Verherrlichung thematisiert. Immer wieder wurde klar, wie wichtig Antifaschismus von unten bleibt, weil vom Staat nichts zu erwarten ist. Die Jagd nach Linken am „Tag der Ehre“ durch die faschistische Legion Hungaria sowie die Übergriffe auf Journalist:innen und auf jüdische Menschen fanden kein mediales Echo. Die ungarische Regierung hat im April ’23 mehrere verurteilte rechtsextreme Terroristen vorzeitig begnadigt – dagegen drohen Antifas dort nun jahrelange Haftstrafen!

Auch das Antifa-Ost-Verfahren wurde thematisiert und zu Solidarität mit den in Dresden verurteilten Antifas aufgerufen – die Kundgebung fand einen Tag vor Tag X in Leipzig statt.