Kurzbericht zum 4. Prozesstag September 2024
Bisher haben wir versäumt zu diesem Prozesstag einen Bericht zu schreiben. Das wollen wir jetzt nachholen und Transparenz schaffen.
Für den 06.09.2024 war Tobi als Zeuge geladen. Das Gericht erkannte weitestgehend seine Berufung auf das Aussageverweigerungsrecht – wegen drohender Selbstbelastung in den deutschen Verfahren – nicht an. Die Behauptung, dass es nicht um die vorgeworfenen kriminelle Vereinigung ginge, wurde durch das offenkundige Interesse des Gerichts ad-absurdum geführt. Aufgrund dieses Widerspruchs kam es zwischen Verteigigung und Gericht zum Streit.
Unter Rücksprache mit Anwälten gab Tobi letztlich vor Gericht an, eine beschuldigte Person zu kennen und aus Berlin zu sein.
Das Gericht wollte dann weiterhin wissen, in welcher Beziehung die Beschuldigten zueinander stünden. Die Beantwortung der Frage wurde verweigert. Auch Versuche der Staatsanwaltschaft weitere Fragen zu stellen, konnten abgewehrt werden. Unter anderem sollte in Erfahrung gebracht werden, wann und von wem Tobi darauf angesprochen worden sei nach Budapest zu fahren. Das Gericht kündigte aufgrund der Weigerung an, eine Strafe gegen Tobi zu prüfen.
Auch für den 5. Prozesstag wurde eine mögliche erneute Ladung thematisiert.
Zu keinem Zeitpunkt stand eine Aussage von Tobi an kommenden Prozesstagen im Raum. Der Verweis des Richters ist vielmehr als Versuch zu lesen, die potentielle Beweislast größer erscheinen zu lassen.
5. Prozesstag, 4. Dezember
Der 5. Prozesstag beginnt früh um 9:00 Uhr. Ihm wohnen eine Hand voll solidarischer Beobachter:innen und etwa gleich viele ungarische Pressevertreter:innen bei. Einer davon ist Tamás Lipták, Vorstandsmitglied der neonazistischen Légió Hungária, jener Organisation, welche seit einigen Jahren den „Tag der Ehre“ mitorganisiert und bewirbt. (https://de.indymedia.org/node/339245) Lipták ist Journalist bei der radikal nationalistischen Online-Zeitschrift ‚MAGYAR JELEN‘ aus Budapest und einer der Geschädigten im Komplex.
An diesem Verhandlungstag waren neben dem Richter zwei Staatsanwältinnen und die anwältliche Vertretung der dritten deutschen Angeklagte anwesend. Diese musste selber nicht im Gericht erscheinen. Ilaria war wie schon bei dem Termin im September nicht anwesend, da sie durch die Wahl ins EU-Parlament Immunität erlangen konnte und seither wieder in Italien lebt. Der Richter verkündete, dass Ungarn nun die Aufhebung von Ilarias Immunität beantragt hat und das Gericht auf eine Antwort wartet.
Anschließend wurden mehrere kurze Videoaufnahmen vom 9., 10. und 11. Februar 2023 gesichtet und mit Fotos verglichen. Es ging außschließlich um die Feststellung der Identität der dritten Angeklagten, anhand ihrer Kleidung. Das Gericht wollte feststellen, ob sie mit Tobi und den weiteren Beschuldigten gemeinsam in Budapest war und von den Taten gewusst hat. Ihr Anwalt argumentierte, dass es aufgrund der vorlegenden Videoaufnahmen nicht möglich sei, sie eindeutig zu identifizieren und in den Ermittlungsakten fehlerhafte Angaben gemacht wurden. Die Entscheidung des Richters steht noch aus.
Am Ende der Sitzung hat der Verteidiger beantragt, das Verfahren abzutrennen. Aufgrund vieler weiterer Beschuldigter, welche in Ungarn dem laufenden Prozess hinzugefügt werden, kann sich der Gerichtsprozess über Jahre ziehen, was für die Angeklagte eine hohe Belastung darstellt, obwohl ihr keine konkreten Taten zur Last gelegt werden. Die Staatsanwaltschaft und der Richter lehnten sofort ab, mit der Begründung, es gehe um eine kriminelle Vereinigung, in der alle weiteren Anklagen relevant für das Verfahren sind. Gegen diese Entscheidung kann kein Widerspruch eingelegt werden.
Nach 90 Minuten war der Prozess beendet. Von den umfassenden Kameraüberwachungsaufnahmen wurde nur ein Bruchteil besichtigt. Das Gericht scheint eine rechtsstaatlich fragwürdige Taktik der Zermürbung zu fahren, in dem es den Prozess über einen sehr langen Zeitraum schleppt.
Der nächste Gerichtstermin wird am 6. März 2025 um 9:00 Uhr stattfinden. Es ist möglich, dass an diesem Prozesstag bereits Maja mit verhandelt wird. Die Ermittlungsbehörden haben bis zum 15.12. Zeit ihre Ermittlungen abzuschließen und die Erkenntnisse an die Staatsanwaltschaft zu übergeben. Darauf wird wahrscheinlich im Januar gegen Maja Anklage erhoben. Derweil haben Majas deutschen Anwälte immer noch keine Genehmigung bekommen, Maja in U-Haft zu besuchen.