Wir spiegeln diesen Beitrag der Kampagne ‚NS-Verherrlichung Stoppen‘
Holt Maja zurück aus Ungarn!
Free All Antifas!
Keine Auslieferung nach Ungarn, in dem jedes Jahr ein faschistischer Aufmarsch mit Tausenden Neonazis unbehelligt stattfinden darf!
Gegen den „Tag der Ehre“ und dessen Teilnehmende – auch 2025
Jedes Jahr im Februar wird in Budapest Mitgliedern der Waffen-SS und ihrer ungarischen Kollaborateure als Märtyrer gedacht. Diese hatten 1944 erfolglos versucht, der Einkesselung durch die Rote Armee zu entkommen. Seit 1997 findet der sogenannte „Tag der Ehre“ statt. Mittlerweile wird er von der militanten ungarischen Nazi-Gruppierung Légió Hungária organisiert, die für Übergriffe auf Linke bekannt ist und 2018 ein jüdisches Gemeindezentrum in Budapest angegriffen hatte.
Im Februar 2023 kam es rund um den „Tag der Ehre“ zu Festnahmen von Antifaschist:innen, denen Angriffe auf Neonazis vorgeworfen werden. Europäische Haftbefehle und Fahndungsaufrufe hatten zur Folge, dass in den nächsten Wochen mehr als 10 Linke untertauchten, da klar war, dass es kein faires Verfahren in Ungarn geben wird.
Am 20. Januar 2025 stellten sich nun 7 der Antifaschist:innen den Behörden. Viele Medien beschreiben in dem Zusammenhang den „Tag der Ehre“ als einen „rechtsradikalen Aufmarsch“.
Aber der „Tag der Ehre“ ist viel mehr als das. Das Wochenende dient als größtes Vernetzungstreffen der rechtsradikalen Szene in Europa. Neben Rechtsrock-Konzerten, die woanders nicht stattfinden dürfen werden nationalistische Gedenk-Kundgebungen durchgeführt, bei denen u.a. aus Reden Adolf Hitlers zitiert und antisemitische Hetze verbreitet wird. Außerdem gibt es eine 60km lange Nachtwanderung entlang der Ausbruchroute der Waffen-SS aus dem Budapester Kessel, die im touristisch beliebten Altstadt-Viertel auf der Burg beginnt. Teilgenommen wird gern in Nazi-Uniformen oder voll-vermummt.
Netzwerktreffen internationaler Neonazi-Gruppen unter dem Deckmantel der „Traditionspflege“
An dem Wochenende bewegen sich am hellichten Tag auch mehrere hunderte deutsche Faschisten in eindeutigen Szene-Klamotten oder in historischen SS- oder Wehrmachts-Uniformen durch die Innenstadt. Auch die nationalen Ableger des – in Deutschland verbotenen – internationalen Blood&Honour-Netzwerks treffen sich genau dort, wo eine solche Zusammenkunft geduldet, ja sogar gefördert wird. Der ungarische Tourismusverband bewirbt die Wanderung unter dem Slogan „Gedenken an die heldenhaften Verteidiger unseres Landes und Europas“. Auch andere staatliche Institutionen unterstützen das Begleitprogramm, indem sie historische Abzeichen und Devotionalien aus dem ungarischen Militärmuseum zur Verfügung stellen. Eine NS-Folklore-Wanderung, die als Outdoor-Wander-Spektakel für Militaristen, Ewiggestrige und Neonazis dient, inkl. nachgebauten Militär-Posten, Kranzabwurfstellen und Info- und Verkaufsständen auf der Wander-Route. NS-Symbole, und -uniformen, Hakenkreuzfahnen, CDs mit indizierter Musik – alles kann hier gezeigt, präsentiert und auch gekauft werden. Auch wenn einige der Symbole selbst in Ungarn offiziell verboten sind – zum „Tag der Ehre“ können sie ungestört getragen werden, weil dies im Sinne der sogenannten „Traditionspflege“ erlaubt ist.
NS-Verherrlichung durch deutsche Neonazis in Budapest
Neben „Blood&Honour“ treffen sich „Hammerskins“, „Combat18“ sowie Kameradschaftsstrukturen, militante Kampfsportler und Parteien von „Der III. Weg“ und „Die Rechte“ aus Deutschland jedes Jahr an diesem Wochenende. Auch Mitglieder aus dem NSU-Umfeld reisten 1989 zusammen mit knapp 50 Neonazis aus Sachsen, Thüringen und Bayern im Reisebus an. Durch Antifa-Recherchen sind Anwesenheiten fast aller militanter und relevanter Neonazi-Strukturen aus Deutschland in den letzten Jahren belegt. Konkrete Beispiel für deutsche Teilnahme: 2019 versuchten Dresdner Mitglieder einer rechten Fangruppierung in Ungarn mit zu wandern, die 2017 an den rassistischen Ausschreitungen beim WM-Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und Tschechien in Prag beteiligt waren. Sie schafften es allerdings nicht, den 60km-Geländemarsch erfolgreich zu beenden, sondern blieben wie zahlreiche ihrer historischen Vorbilder auf der Strecke… Auch einige der kürzlich verhafteten rechtsterroristischen „Sächsischen Separatisten“ nahmen 2024 an der Nazi-glorifizierenden Wanderveranstaltung teil.
Stabiler Gegenprotest ohne Presseresonanz
Das geschichtsrevisionistische Neonazi-Event sorgte in den letzten Jahrzehnten medial und politisch weder in Ungarn noch in Deutschland für großes Interesse. Berichterstattungen über dieses skandalöse Event beliefen sich meist auf übliche, linke Medien.
Solange es den „Tag der Ehre“ gibt, solange gibt es Gegenproteste. Seit 1997 stellen sich vor allem ungarische Antifas in den Weg. Seit 2020 gibt es zunehmend internationalen Protest, denn die faschistischen Teilnehmenden kommen vorwiegend aus Westeuropa. Rechte Übergriffe und Bedrohungen, die Jagd nach Anders-Aussehenden und Linken durch die faschistische „Légió Hungária“ sowie die Übergriffe auf Journalist:innen und auf jüdische Menschen am „Tag der Ehre“ fanden bisher kein mediales Echo.
Repression und Hetze gegen Antifas
Für europaweite Empörung sorgten erst 2023 antifaschistische Gegenproteste, im Zuge derer es zu Angriffen auf organisierte Neonazis kam. In vielen rechten Medien in Ungarn und in Deutschland wurde von „Brutalität“ und „Willkürlichkeit“ der antifaschistischen Aktionen gesprochen, als wären zufällig Menschen in den Fokus geraten, die Tarnfleck-Klamotten tragen. Inzwischen ist bekannt, dass es sich bei den vermeintlichen Opfern um organisierte Neonazis, Blood&Honour-Kader, Kampfsportler und Angehörige der militanten Rechtsrock-Szene handelte.
Auch ist häufig in den Medien von „schwersten“ Verletzungen die Rede. Dabei hat der Prozess in Ungarn, der wegen dieser Vorwürfe gegen mehrere Antifas läuft, bislang keine Beweise erbracht – ganz davon abgesehen, dass im rechtsautoritären Ungarn keinesfalls mit einem nach rechtsstaatlichen Kriterien fairen Verfahren gegen Linke zu rechnen ist. Die ungarische Regierung hatte noch im April 2023 mehrere verurteilte rechtsextreme Terroristen vorzeitig begnadigt – dagegen drohen Antifas nun jahrelange Haftstrafen. Die Staatsanwaltschaft forderte jetzt im Januar 2025 gerade erst 14 Jahre Haft unter besonders strengen Haftbedingungen für Maja, aber auch nur bei Abgabe eines Geständnisses. Im Raum stehen sonst bis zu 24 Jahre Haft und das für den Vorwurf einer Körperverletzung!
Keine Auslieferung nach Ungarn!
Im Gegensatz zur deutschen Justiz, die Maja trotz Einspruch des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe rechtswidrig in die mehr als mangelhafte ungarische Justiz auslieferte, hat sich Italien im Fall des Beschuldigten Gabriele gegen eine Auslieferung nach Ungarn entschieden. Wie der im Auslieferungsverfahren zu Gabriele zuständige italienische Staatsanwalt Cuno Tarfusser so schön formulierte:
„Die Vorwürfe, die auch andere Beschuldigte betreffen, stehen in keinem Verhältnis zu den angedrohten 24 Jahren Haft, die im Europäischen Haftbefehl genannt werden. Eine Platzwunde am Kopf, die in drei Tagen heilt, rechtfertigt keine derartige Strafe. Diese beiden Gründe – Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit Ungarns und das fehlende Verhältnis zwischen Tat und Strafe – waren ausschlaggebend.“ (https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188143.antifaschismus-grottenschlechtes-urteil.html)
Auch das französische Gericht, das über die Auslieferung von Gino entscheidet, stellte kürzlich fest, dass in Ungarn systematische Mängel in Hinblick auf ein faires Verfahren vorliegen und forderte weitere Informationen und Garantien zur möglichen Haftsituation, sowie zum Ablauf eines möglichen Prozesses in Ungarn an. (https://www.basc.news/gino-anhoerung-ueber-auslieferung/)
Während Antifas drakonische Strafen drohen, das Umfeld und die Familien mit Überwachung und Repression überzogen werden, dürfen offenbar weiterhin Militarist:innen und Nazis mit NS- und Wehrmachtsinsignien ungestört die Straßen Budapests unsicher machen – so auch am Wochenende 8./9. Februar 2025.
Dagegen gehen wir auf die Straße, hier und in Budapest!
Wir lassen uns nicht spalten!
Schulter an Schulter gegen den Faschismus!
Antifaschismus bleibt notwendig!
Kraft und Liebe an alle von Repression Betroffenen
Kampagne NS-Verherrlichung Stoppen im Januar 2025