Statement zu aktuellen Situation Maja (Stand 23.12.2024)
a) 1 Jahr Inhaftierung in Deutschland – ein halbes Jahr Auslieferung nach Ungarn
Ein Jahr ist vergangen, seitdem Maja in Berlin unter brutalen Umständen festgenommen wurde. Ein
Jahr ist seitdem vergangen, seitdem wir mit Maja nur per Briefen, mit Trennscheibe und über hohe
Knastmauern hinweg kommunizieren können. Ein Jahr ist vergangen, seitdem Maja die ganze Härte
der staatlichen Repression und des Knastsystems jeden Tag zu spüren bekommt.
Ein halbes Jahr ist vergangen, seitdem Maja uns ein weiteres Mal entrissen und innerhalb weniger
Stunden durch sächsische und Berliner Behörden nach Ungarn entführt wurde. Ein halbes Jahr ist
vergangen, das Maja unter Schikanen, verstärkerter Isolation und extrem schlechten
Haftbedingungen dem faschistischen ungarischen Staat ausgeliefert ist.
Doch Maja bleibt stark, Maja lässt sich nicht unterkriegen und trotzt den widrigen Umständen der
deutschen und ungarischen Knäste Tag für Tag. Auch wir lassen uns nicht unterkriegen und stehen
an Majas Seite – ob in Deutschland oder Ungarn.Wir kämpfen so lange, bis wir Maja wieder unter
uns wissen.
Zum Anlass dessen, das Maja vor einem Jahr inhaftiert und vor einem halben Jahr an Ungarn
ausgeliefert wurde, möchten wir einen Einblick in Majas aktuelle Situation in Ungarn geben. Wir
möchten außerdem die Haftzeit in Dresden noch einmal rückblickend einordnen. Liebe und Kraft,
in Untergrund und Haft!
b) Das halbe Jahr Haft in Budapest
Majas Vater, Wolfram Jarosch, hat in einem 50-seitigen Dokument die Haftbedingungen von Maja
beschrieben, mit Ausschnitten aus zahlreichen Briefen Majas belegt, und sie den wichtigsten
internationalen Regeln und Grundsätzen über den Strafvollzug gegenübergestellt, nämlich den
Europäischen Strafvollzugsregeln (European Prison Rules) und den UNO-Empfehlungen über die
Mindestgrundsätze für die menschenwürdige Behandlung von inhaftierten Personen (Nelson
Mandela Rules). Dieses Dokument liegt uns in seiner Fassung von Mitte August 2024 vor.
Maja ist folgenden widrigen Haftbedingungen ausgesetzt, die im Widerspruch zu den European
Prison Rules und Nelson Mandela Rules sind:
• unhygienische, dreckige Zustände
• Bettwanzen- und Kakerlakenbefall und vollkommen unzureichende Schädlingsbekämpfung
• nur zwei Mahlzeiten täglich, mehrfach verschimmeltes Essen
• Trennscheiben bei Besuchen
• erniedrigende Maßnahmen wie regelmäßige Nacktkontrollen bzw. Leibesvisiationen und
Rund-um-die-Uhr-Videoüberwachung
• Fesselung mit Handschellen außerhalb der Zelle
• Verweigerung von Hofgang an mehreren Tagen
• Verweigerung jeglicher Freizeit- und Sportaktivitäten
• lediglich zwei Besuche im Monat
• Besuch von Angehörigen wurde teilweise behindert
• fehlende Übersetzungen und Verdolmetschung
• Befragungen fanden teilweise ohne Anwalt statt
• Die Behandlung im Knast ist geprägt von Willkür und Entwürdigung: immer wieder werden
Dinge verweigert, Anträge nicht bearbeitet oder Maja unter Druck gesetzt und schikaniert
• Maja hat mehrfach akustisch miterleben müssen wie Mitgefangene geschlagen wurden
Die größte Belastung ist jedoch die unbegründete und unbefristete komplette Isolation von Maja.
Maja hat zu keinen Mitgefangenen Kontakt und ist an den meisten Tagen 24 Stunden täglich
vollkommen alleine.
Die Initiative der Eltern und Angehörigen der gesuchten und inhaftierten beschuldigten
Antifaschist:innen aus dem Budapest-Verfahren bezeichnet die Haftbedingungen von Maja daher
als weiße Folter:
„Alle diese Punkte stellen gravierende Verstöße gegen internationale Haftbedingungen dar, zu deren
Einhaltung sich Ungarn allgemein und im Auslieferungsverfahren auch konkret verpflichtet hat. Sie
dienen dem Ziel, Majas Psyche zu brechen und damit ein Geständnis zu erpressen. Deswegen ist die
Bezeichnung Folter hier angemessen und richtig.“ (Quelle: https://www.kanu.me/haftbedingungen/)
Weiße Folter bezeichnet seelische und psychische Foltermethoden, die keine augenscheinlichen
körperlichen Spüren hinterlassen, z.B. eine lang anhaltende Isolation.
Immerhin hat es in den letzten Wochen kleine Verbesserungen gegeben:
• Die Kamera, die Maja lange 24/7 überwacht hat, wurde vor einigen Wochen entfernt.
• Maja bekommt außerdem seit kurzem 1 Stunde wöchentlich ungarisch Unterricht, was eine
gute Abwechslung ist und wo Maja andere Gefangene zumindest sehen kann.
Positiv ist, dass Maja trotz der sehr herausfordernden Haftbedingungen standhaft geblieben ist und
dass die Solidarität von draußen nicht nachgelassen hat.
So hat sich Maja selbst eine Tagesstrucktur geschaffen, die Maja Halt und Stabilität gibt. Dazu
gehört zB Sport, Schreiben und Fremdsprachen-Lernen. Maja hat mehrfach Grußworte für
Kundgebungen und Demonstrationen verfasst und draußen in Deutschland verlesen lassen.
Maja bekommt nach wie vor regelmäßig Post und ist sehr dankbar für all die Briefe und die
Solidarität!
Die Situation ist also insgesamt beschissen und herausfordernd, doch Maja bleibt stark, lässt sich
nicht unterkriegen und versucht die Zeit zu nutzen und ist sehr froh über die Unterstützung von
draußen.
c) Die Auslieferung
In den frühen Morgenstunden des 28.06.2024 ist Maja in einer Hau-Ruck-Aktion unter Beteiligung
der SOKO Linx nach Ungarn ausgeliefert worden. Das Kammergericht Berlin hatte zuvor dem
Auslieferungsgesuch von Ungarn zugestimmt, nach dem es monatelang eine Entscheidung
herausgezögert hatte.
Obwohl Majas Anwalt Sven Richwin sofort ankündigte, Verfassungsbeschwerde gegen die
Auslieferung beim Bundesverfassungsgericht einzureichen, wurde eine Entscheidung von
Deutschlands oberstem Gericht nicht abgewartet, sondern durch die Berliner
Generalstaatsanwaltschaft, die JVA Dresden und der SOKO Linx Tatsachen geschaffen. Noch am
selben Tag entscheid das Bundesverfassungsgericht, dass die Auslieferung für mindestens sechs
Wochen aufzuschieben, bis es über die Verfassungsbeschwerde entschieden hätte. Zu diesem
Zeitpunkt war Maja jedoch bereits jenseits der deutschen Grenze an Österreich und später an
Ungarn übergeben.
Eine ausführliche Schilderung der Ereignisse Ende Juni, das skandalöse und rechtswidrige
Vorgehen der deutschen Behörden und Majas Perspektive auf die Entführung lässt sich detailliert
hier nachlesen. Einbezogen wurden auch alle Informationen, die eine Kleine Anfragen der Linken-
Abgeordneten Jule Nagel im sächsischen Landtag ergaben, dass mit den Planungen zur
Auslieferung seitens der sächsischen und Berliner Behörden bereits Mitte Juni begonnen wurden:
https://www.basc.news/majas-auslieferung-alles-was-wir-bisher-wissen/
d) Rückblick auf das halbe Jahr U-Haft in der JVA Dresden
Maja wurde vor der Entführung nach Ungarn unter entscheidender Mithilfe der Soko Linx ein
halbes Jahr in der JVA Dresden inhaftiert. Hier möchten wir nochmal einen Rückblick geben: Maja
wurde nach der Festnahmen in der JVA Dresden inhaftiert. Dort war Maja zunächst mit anderen
Gefangenen gemeinsam untergebracht.
Von Anfang Januar bis Ende Februar 2024 wurde Maja aufgrund eines angeblichen
sicherheitsrelevanten Funds in Majas Zelle isoliert. In dieser Zeit wurde Maja jeglicher Kontakt zu
anderen Gefangenen untersagt. (Quelle: https://www.basc.news/wochenlange-massive-
einschraenkung-der-kontakt-und-besuchsmoeglichkeiten-von-maja/)
Nach Aufhebung der Isoliation wurden Majas Kontakt- und Besuchsmöglichkeiten ab Anfang März
für drei Wochen massiv eingeschränkt. Maja bekam keine Post und durfte auch nicht besucht
werden. Grund dafür war mutmaßlich der am 1. März bekanntgegebene Übergang des Verfahrens
von der Generalstaatsanwaltschaft (GenStA) Dresden an die Bundesanwaltschaft (BAW). (Quelle:
https://www.basc.news/wochenlange-massive-einschraenkung-der-kontakt-und-
besuchsmoeglichkeiten-von-maja/)
Ende April kam es zu einem queer-feindlichen Angriff auf Maja. Ein Mitgefangener lauerte Maja
nach dem Hofgang in einem dunklen Gang auf und schlug Maja mit der Faust ins Gesicht. Maja
flüchtete zurück auf den Hof. Später informierte ein Mitgefangener Maja darüber, dass der Grund
für den Angriff sei, dass Maja unbekleidet duschen gehe und queer sei, was den religiös-
konservativen Moralvorstellungen und dem Männlichkeitsbild des Angreifers nicht entspreche. Die
JVA reagierte auf den Angriff und schickte Maja fortan während der Einschlusszeiten alleine zum
Duschen. (Quelle: https://www.basc.news/angriff-auf-maja-in-haft-und-verweigerung-von-
freizeitangeboten-durch-die-jva/)
Maja wurden während der U-Haft in Dresden Freizeitveranstaltungen, Sport und Arbeit verweigert.
Zwar habe der Bundesgerichtshof zustimmet, dass Maja Freizeit- und Sportangebote wahrnehme
und arbeiten gehe. Die JVA Dresden verweigere Maja allerdings angeblich „in Abstimmung mit
dem Dezernat“ (des Ministeriums) genau diese Rechte. Grund dafür sei die ständige Begleitung
durch Beamte, die als Sicherheitsmaßnahme angeordnet ist, was bei Sport, Freizeit und Arbeit nicht
umsetzbar sei. (Quelle: https://www.basc.news/angriff-auf-maja-in-haft-und-verweigerung-von-
freizeitangeboten-durch-die-jva/)
Trotz dieser Widrigkeiten – Isolation, eingeschränkte Kommunikation, ein queer-feindlicher Angriff,
Verweigerung von Freizeit, Sport und Arbeit – hat Maja ein gutes Verhältnis zu Mitgefangenen
aufgebaut und einen intensiven Briefkontakt mit Familie, Freund:innen und Unterstützer:innen
gepflegt. Außerdem haben Unterstützer:innen mehrere Kundgebungen an der JVA Dresden
organisiert.
e) Schluss
Es ist wichtig, die Zumutungen der Untersuchungshaft in der JVA Dresden und die unsäglichen
Haftbedingungen im Budapester Gefängnis zu benennen und anzuklagen. Dies ist insbesondere
deswegen geboten, weil Ungarn im Vorfeld der Auslieferung zugesagt hatte, die oben benannten
internationalen Strafvollzugsregeln einzuhalten, und diese Regeln offenbar bricht.
Dennoch wollen wir mit diesem Bericht keine Angst vor Haft machen. Maja zeigt, dass es trotz
allem möglich ist, die eigene Haltung als Mensch und als politisches Subjekt zu bewahren und all
die Herausforderungen und Zumutungen durchzustehen.
Wir kämpfen weiter und stehen solidarisch an der Seite von Maja – und allen weiteren Gefangenen
und Untergetauchten! Solidarität mit allen verfolgten Antifaschist*innen! Freiheit für alle
politischen Gefangenen!